Mein erstes K-Pop Konzert in Seoul - Treasure Tour

Das Schicksal war so lieb und dachte sich "wir lassen Stacy Südkorea nicht verlassen, bevor sie nicht wenigstens ein K-Pop Konzert gesehen hat." Spaß beiseite - so etwas wie Schicksal gibt es nicht, dennoch bin ich super glücklich, dass sich diese Gelegenheit darbot. Wenn ihr nur wüsstet, wie viele Gelegenheiten ich während meines Aufenthalts in Südkorea verpasst habe, würdet ihr mich verstehen. Doch genau dafür schreibe ich ja diesen Blog! Am 12. November ging ich endlich auf ein K-Pop Konzert hier in Seoul, und zwar auf eins einer 10-Mann Boygroup namens Treasure. Die Tour wurde nach dem title track "Hello" aus Treasures neuer EP "The second step: chapter 2" benannt und begrüßt ganz herzlich die Fans mit einem "hello, where you've been all my life?" Kann ich verstehen. Nach der ewig langen Corona-Pause, treten so einige Künstler endlich mal wieder live auf und sehen ihre Fans wieder. Diese dürfen dann auch mal wieder schreien und sich frei bewegen, trotz dass man leider eine Maske tragen muss. Aber ja, es gab eine Phase, in der durften die Fans in Korea nur still da sitzen und das Konzert eher beobachten statt mitfeiern. Zum Glück war dies bei diesem Konzert nicht der Fall.

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"Hello, where you've been all my life?"

Ja genau du - die Gelegenheit auf ein K-Pop Konzert zu gehen - wo warst du mein ganzes Leben lang? Eigentlich dürfte ich mich nicht beschweren, denn erst Mitte des Jahres besuchte ich das K-Pop Flex in Frankfurt, wo ich zum aller ersten Mal überhaupt koreanische Künstler live sah. Naja, wenn man das sehen nennen kann. Ich erspare euch unschöne Details meiner Erfahrung, denn um ehrlich zu sein bin ich nicht nur in der Masse meilenweit hinten untergegangen, sondern die Künstler waren kaum zu sehen noch zu hören und bei etwa 15 Minuten Screentime pro Künstler kann man es auch kaum genießen. Noch bevor der Moment angefangen hat, ist er auch gleich wieder vorbei gewesen. Ganz anders ist dagegen ein einzelnes K-Pop Konzert, das im Vergleich mind. 2h geht. Und ich spreche hier von mindestens. Das von Treasure dauerte tatsächlich ganze 2.5h und danach war ich auch echt platt.

Nun wie kam es eigentlich dazu, dass ich auf ein K-Pop Konzert einer Gruppe ging, die ich eigentlich nicht kannte und vorher auch nur einen Song per Zufall kannte? Und hier kommt tatsächlich ein bisschen Glück mit ins Spiel. Nachdem ich einiges während meines Aufenthalts verpasst hatte, war ich ziemlich betrübt und verbittert. Ich spreche hier von mehreren Konzerten und Festivals, die im September und Oktober stattfanden. Zum Beispiel verpasste ich ein Unifestival der SNU, wo die K-Pop Gruppe Winner auftrat, weil ich Zuhause an meiner Präsentation für die Uni saß, die ich am nächsten Tag vorzutragen hatte. Nichts bereue ich mehr, als an diesem Tag nein gesagt zu haben. Little did I know, dass (leider) so gut wie alle Unis Festivals für ihre Studenten organisieren, so auch die Yonsei University und weitere. Und dort traten u.a. Künstler wie Itzy, Ive und Zico usw. auf - ja, kostenlos. Leider musste ich hier wieder aussetzen, da ich ausgerechnet an diesem Wochenende, an dem alles stattfand, bereits Tickets nach Busan gebucht hatte. Es waren nicht nur Unifestivals, sondern auch das K-Pop Festival in Incheon mit Mamamoo, Viviz und Ke1per sowie ein anderes, kostenloses Festival in Gangnam, in dem Psy auftrat, das ich ebenfalls verpasst hatte. Die Liste geht tatsächlich noch weiter und was BTS' letztes Konzert in Busan angeht, nun ihr wisst ja, dass ich hier ebenfalls wenig Erfolg hatte.

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So schade es ist, dass ich diese Gelegenheiten alle verpasst habe, so muss man immerhin genießen, was man hat! Diese Chancen werden irgendwann wiederkommen, auch wenn es dann vielleicht nicht direkt in Seoul sein wird, aber ich werde noch diese ganzen Künstler sehen können. Umso mehr schätze ich, dass ich immerhin auf ein Konzert in Seoul gehen konnte, auch wenn es eine Gruppe war, die ich nicht wirklich kannte. Hey, was nicht ist, kann noch werden! Um ehrlich zu sein finde ich sogar, dass man Konzerte sowieso erst so richtig genießt, wenn man den Künstler nicht kennt. Denn umso weniger hat man den Drang, mit dem Handy alles aufzunehmen, weil die Lieblingslieder laufen oder dein Liebling aus der Gruppe an dir vorbeiläuft. So heißt es auch mal Handy aus und einfach mal zuschauen und genießen.

Long story short: Die Tickets bekam ich vom Onkel meines Freundes geschenkt. Denn dieser hat einen Freund, der bei Treasures Label "YG Entertainment" arbeitet, bekam Tickets geschenkt und gab diese Tickets an den einzigen K-Pop Fan weiter, den er kennt - mich. Unendlich dankbar bin ich dafür, denn dadurch konnte ich eines - ich würd gerne "schönen" sagen, aber es regnete leider - verregneten Abends auf einem Konzert in Seoul zusammen mit meiner deutschen Freundin Alena verbringen, die ebenfalls nicht so viel Erfolg mit Konzerten in Seoul hatte. Geteiltes Leid ist halbes Leid und ich wollte jemandem einfach mal wieder eine Freude bescheren, also nahm ich sie mit.

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Der Ablauf

An dem KSPO Dome angekommen, der mitten im Olympic Park steht, sammelten sich bereits die ersten Menschenmassen vor der Halle und machten viele Bilder. Vor K-Pop Konzerthallen werden immer Fotospots und viele Verkaufsstände aufgestellt, bei denen man ganz viel Merch an ungefähr fünf Ständen kaufen kann. Doch als wir ankamen, war das Meiste bereits ausverkauft. Lange überlegten wir, ob wir einen offiziellen Lightstick von Treasure kaufen sollten. Wer nicht weiß, was ein Lightstick ist, sollte bei meinem Beitrag über meine BTS Merch Erfahrung nachlesen: BTS Yet To Come at Lotte World Mall, Seoul 2022
Bei den späteren Bildern werdet ihr sehen, wofür man einen Lightstick braucht und warum es eine coole Erfahrung und auch schön anzusehen ist! Wir entschieden uns allerdings dagegen, da weder Alena noch ich Fans von Treasure sind. Im Endeffekt bereuten wir es, weil es doch schon ein Konzertandenken ist und der Lightstick einfach super cool aussieht!

Der Einlass lief reibungsloser als gedacht. Das Konzert startete um 18 Uhr und um 16:30 Uhr konnte man bereits eintreten; Doch zu der Zeit stand noch niemand an unserem Gate an, so dass wir sofort reingelassen wurden. Ist man einmal drin, kommt man allerdings nicht mehr raus, also aß und trank ich nochmal etwas, bevor es reinging. Die Koreaner sind nämlich ein bisschen anders, als was man aus Deutschland gewöhnt ist. Es gab zwar dieses Mal einen Essensstand drinnen und auch Getränkeautoamten, doch dies ist nicht immer so. Garderoben und Seife auf der Toilette waren allerdings nicht vorhanden. Unsere Plätze befanden sich direkt an der Konsole im ersten Stock mit einer perfekten Sicht auf die Bühne. Die inneren Plätze, in Deutschland normalerweise Stehplätze, doch so etwas gibt es in Korea nicht wirklich, waren für die Fans reserviert, die eine offizielle Online-Membership besitzen und daher auch Zugang zu den Konzert-Preorders hatten.

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2.5h Konzerterlebnis

Koreaner kennen in der Tat Pünktlichkeit, denn Punkt 18 Uhr begann das Konzert mit einer Videoeinleitung und Vorstellung der Member, damit man weiß, wer Teil der Gruppe ist. Mittlerweile war es randvoll, wenn nicht sogar ausverkauft und alle Fans warteten gespannt auf den Auftritt der Jungs. Ich kannte wiegesagt keinen von denen, daher war ich völlig unvoreingenommen und gespannt, wie sie so drauf sein werden. Das Konzert begann mit dem einzigen Song, den ich kannte: Jikjin - Mann, war das ein Einstieg! Die Visuals und Lichtershow passten perfekt zur Musik und zum ersten Mal konnte ich auch wirklich die Künstler und die Tanzeinlagen auf der Bühne klar sehen. Das muss man wahrlich der K-Pop Industrie lassen: ihre hohen Anforderungen tragen dazu bei, dass K-Pop Gruppen eine unvergessliche Mischung aus Tanzen und Singen darbieten. Wahrlich sind so gut wie alle darin begabt, coole Tänze passend zur Musik zu performen. Nur nicht jeder kann singen. Sehr viele K-Pop Gruppen singen mit Playback, das sie überschattet - doch nicht Treasure. So gut ich es raushören und unterscheiden konnte, haben sie wirklich live gesungen und noch erstaunlich gut. Bei 10 Membern ist es allerdings schwer, die Lines gleichmäßig auf alle aufzuteilen und auch bei dieser Gruppe gab es manche "Shiningstars", die mehr Lines und Screentime bekamen, als andere. Am stärksten in Erinnerung sind mir auf jeden Fall die drei Rapper geblieben, die nicht nur mit ihrem funky Aussehen, sondern auch mit ihren Stimmen und selbstbewusstem Auftreten rausstachen. Ein anderer haute mit seinen extrem guten Vocals raus, nicht nur Main- sondern auch Backgroundvocals, die er gekonnt mitsang.

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Treasures Konzert bot wahrlich viel Abwechslung und ich wurde positiv überrascht. Nach etwa 1h hatten sie die meisten Songs performt und es wurde etwas - naja, nicht direkt langweilig - aber zugegeben waren viele Songs sehr typisch K-Pop und klangen wie Lieder, die ich schon kannte. Umso mehr überraschte es mich dann, als plötzlich eine starke Wandlung kam. Weg von den Happy-Bappy-Liedern oder Balladen zu drei sehr starken, coolen Liedern mit Bassdrop und starken Visuals. Plötzlich ging die ganze Masse mit ihren Lightsticks ab, bewegte ihn zum Beat, die Farben plötzlich knallrot, dann orange, dann blau - so ein Konzert bietet wahrlich ein ganzes Farbspektakel. Die Lightsticks ändern nämlich ihre Farben passend zu den Liedern und den Visuals on stage. Long story short: Treasure hat nicht nur mit ihren Vocals überzeugt, die wunderschön in einigen Balladen zur Geltung kamen, sondern auch mit ihrer Vielseitigkeit, die sich in plötzlicher Rockmusik und hartem Rap zeigte, sowie in coolen Tanzeinlagen zu elektronischer Musik. Plötzlich wurde ich mitgerissen und genoss das Konzert und baute langsam Sympathie für einige Member auf, die viel auf der Stage rumblödelten und in ihren Speeches versuchten, die Herzen der Masse zu erreichen. Dennoch wünschte ich, dass K-Pop Gruppen nicht immer so viel reden würden - BTS redet ebenfalls immer am Ende ihrer Konzerte ganze 15-20 Minuten am Stück und mehrmals länger mittendrin. Wer flüssig in Koreanisch ist, kann es immerhin verstehen, aber Alena und ich mit unserem gebrochenen Koreanisch hatten eher Pech.

Die Interaktion der Jungs untereinander war ebenfalls sehr unterhaltsam. Die 10 jungen Männer sind alle etwa in meinem Alter, wobei der Älteste 23 und der Jüngste 17 ist und die meisten von ihnen sind tatsächlich Japaner. Noch nie sah ich eine Gruppe, in der definitiv die Hälfte aus Japan stammt. Dennoch war deren Koreanisch flüssig und klang wie als seien sie Natives. Ebenfalls auffällig war der bunte, funky Style der Gruppe betont durch bunte Haarfarben von Lila, Blau zu Orange. Dazu noch schwarz-weiß lackierte Fingernägel, was mich zugegeben etwas überraschte, denn so gut wie jeder Member hatte lackierte Fingernägel. Eine Sache, an die ich mich wohl noch etwas gewöhnen muss.

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Zusammengefasst dauerte das Konzert ganze 2.5h. Super für einen Preis von nur 130.000 KRW ~ 100€, doch auch etwas zu lang für meinen Geschmack. Irgendwann verlässt einen die Energie einfach. Typisch für K-Pop Konzerte, und zwar jedes Mal, sind die vorgeplante Encore-Stages. Sollte eine Zugabe nicht eher spontan erfolgen, weil man die Performance einfach zu sehr genoss? Doch zu koreanischen Konzerte gehört dies immer dazu und wird bereits mit eingeplant. So kann man immer erwarten, dass der Künstler nach etwa 10 Minuten Pause wieder auf die Bühne kommt. Die Lightsticks teasern das ganze auch, denn sie leuchten noch, statt dass sie aus gehen und die hellen Hallenbeleuchtungen das Ende einleiten. Von dort an, ganz genau, geht das Konzert meistens nochmal 30-60 Minuten. Also die Hälfte erst geschafft. Cool ist es, wenn die Künstler die letzten Minuten mit den Lieblingsliedern einleiten, die sie sich bis zum Schluss aufhoben. Bei Treasure war dies jedoch etwas anders. Einige Lieder, darunter ihr title track "Hello" spielten sie ganze dreimal auf dem Konzert, ein anderes Lied namens "I love you" zweimal usw. Irgendwann reichte es dann auch. So sehr ich die neue Musik und die neuen Einblicke genoss, war ich auch froh, als es endlich vorbei war. Doch insgesamt war es ein schönes Erlebnis, denn ich genoss das Konzert wirklich sehr, konnte viel mittanzen und einfach mal genießen ohne mir große Gedanken zu machen. Letztendlich ist das alles, was zählt.

Wer etwas lachen oder den Kopf schütteln möchte: einer der Member schmiss gegen Ende seinen Pulli in die Masse und zum aller ersten Mal beobachtete ich Fans dabei, wie sie sich über ein Kleidungsstück prügelten. Die eine zerrte den Pulli in die eine Richtung, die andere in die andere Richtung. Dass er dabei nicht kaputt gegangen ist, wundert mich. Nach dem harten Ziehwettbewerb gab eine von ihnen beleidigt auf und hob ihre Kappe, die währenddessen runterflog, wieder von dem Boden auf. Verrückte Welt. Dies passierte jedoch einige Male, denn es wurden oft benutzte Handtücher in die Masse geworfen - mhhmm, verschwitzte Handtücher, lecker. Gegen Ende kamen die Member sogar bis an den Rand der Bühne, um die Fans zu begrüßen, sie abzuklatschen und Bilder zu machen. Dabei stiegen, oder eher stolperten, die Fans über Stühle, um so schnell wie möglich zu ihrem Liebling zu kommen. Es war schon etwas lustig, das mit anzusehen.

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