Willkommen in der Nachbarschaft: Sillim-Dong.
Bevor man so eine große Reise in ein fremdes Land antritt, ist die Wahl einer passenden Unterkunft von großer Bedeutung. Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, doch welche ist die Beste?
Auf meiner Suche nach einer guten Unterkunft, bin ich auf viel Verschiedenes gestoßen: Hostels, WG-Zimmer, Hotels, Familien, die ein gemeinsames Wohnen anbieten. Für mich war es wichtig, dass ich Autonomie behalten kann, dass ich selbst entscheiden darf, wann ich komme und gehe. Also fiel für mich ein gemeinsames Wohnen mit einer Familie oder anderen Mitbewohnern raus. Meine Freundin Celine, mit der ich nach Korea gekommen bin, wohnt in einer WG in Buncheong-dong, die sie etwa 1300€ für die ganzen drei Monate kostet. Für meinen Geschmack wäre das zu teuer. Dafür hat sie den Vorteil, dass sie nicht ganz auf sich allein gestellt ist. Nachdem ich diese Erfahrung an meinem ersten Tag gemacht habe (darüber kannst du hier nachlesen: stacy.heinrich.social/de/blog/AufbruchnachSuedkorea/ , war ich ziemlich froh, dass Celine mich danach mitnahm und wir gemeinsam mit ihrer Mitbewohnerin endlich eine Simkarte und einen Tarif organisierten. In Seoul ohne Internet unterwegs zu sein, ist wie Laufen ohne konkretes Ziel. Man weiß einfach nicht, wohin man geht und was man tut, noch wie man wieder nach Hause kommt.
Die beste und erschwinglichste Option war letztendlich ein Airbnb für mich. Lange pendelte ich zwischen Hostel und Airbnb hin und her, doch beides unterschied sich preislich kaum voneinander. Für das Airbnb entschied ich mich letztendlich, da ich lieber in einer etwas einheimischeren Gegend wohnen wollte, als zusammen mit vielen internationalen Studenten in einem Hostel aufeinander zu treffen. Mich reizte dann doch mehr die Vorstellung, etwas abgelegener das "wahre" Korea kennenzulernen und mehr mit der Sprache konfrontiert zu werden. So führte es mich zu einem Haus in Sillim-dong, für das ich für die ganzen drei Monate knappe 900€ zahle.
Besonderheiten von Sillim-dong
Kartenausschnitt von Seoul
Sillim-dong ist ein Viertel von Gwanak-gu und liegt eher südlich in der Mitte von Seoul. Da ich an die Seoul National University (SNU) gehen werde, wollte ich eine Wohnung in der Nähe haben. Mein Airbnb (das Herz auf der Karte) liegt 15min von der SNU (gelber Stern auf der Karte) entfernt und man wird ganz entspannt mit dem Bus 5515 vor die Haustür der Universität abgesetzt.
Viel Leben, Attraktionen und "Schönheit" gibt es hier nicht. Zum Sightseeing würde ich persönlich nicht nach Sillim-dong kommen, denn es gibt hier wirklich nichts außer eben die SNU. Dennoch sind mir in den letzten drei Tagen einige Besonderheiten im Gegensatz zu der großen Innenstadt aufgefallen. Um direkt ins Geschehen zu kommen, dauert es ganze 20-25min mit dem Bus - also recht nah - und dennoch würde ich sagen, dass Sillim-dong recht abgelegen ist. Dieses Viertel ist definitiv kein Partyviertel. Es ist ruhig hier, bisher sind mir viele ältere Menschen über den Weg gelaufen und dort wo ich wohne gibt es gerade mal eins, zwei Einkaufsläden und wenige Restaurants.
Je weiter man von mir aus nach unten läuft, also mehr ins Geschehen und in die Nähe der Hauptstraße, desto mehr sieht Sillim-dong wie eine typische koreanische Innenstadt aus: bunte Schilder, ein Restaurant, eine Karaokebar oder Einkaufsmarkt nach dem anderen und wesentlich mehr Menschen und Attraktionen. Aber noch lange nichts zu dem Getummel in der Innenstadt.
Mein Airbnb dagegen liegt etwas weiter oben auf einem Berg. Ganz Seoul wurde auf einem Berg gebaut und es ist typisch, dass Straßen hier unheimlich steil werden können. In der Innenstadt bekommt man weniger davon mit, ich dagegen lege ein ganzes Workout hin, um zu mir nach Hause zu kommen. Ja, es ist wirklich steil in Sillim-dong. Zu meinem Vergnügen durfte ich schon verschwitzten Menschen, völlig aus der Puste beim Hochlaufen zusehen; ganz so schlimm ist es bei mir zum Glück noch nicht. Dennoch werden hier auch meine Beine ganz schön beansprucht. Des Weiteren sind mir die alten Backsteinhäuser mit den typischen braunen Farben aufgefallen und zwischen den Häusern wimmelt es von riesigen Strommasten, die allerhand wild verkabelt, verbunden, sogar fast schon verknotet sind. Diese beiden Besonderheiten sieht man eher weniger in der Innenstadt.
Bisher gefällt mir die Nachbarschaft ganz gut. Zum Bus laufe ich gerade mal eine Straße runter, um die 3min, und kann direkt in die Innenstadt fahren. Ansonsten gibt es hier viele kleine Läden, in denen man das Nötigste besorgen kann. Es hat also alles, was man braucht. Mitten im Geschehen muss ich persönlich nicht unbedingt sein. Wer also eine ruhigere Gegend sucht, der ist hier genau richtig.
Hier sind einige Bilder aus Sillim-dong
Mein Airbnb/ Zimmer
Als ich das erste Mal durch die Tür meines Zimmers lief, war ich etwas schockiert, denn ich meinte fast zu ersticken. Ein müffelnder Geruch kroch mir in die Nase, als hätte man monatelang nicht gelüftet, so dass ich erstmal sofort die Klimaanlage einschalten musste. Zudem wusste ich nicht, wie groß mein Zimmer sein würde und wie genau es aufgebaut ist. Aus den Bildern auf Airbnb.com ging dies nämlich nicht so genau hervor. Dennoch entschied ich mich für dieses Zimmer und den host, eine junge Koreanerin namens Helen, da es 1. preislich sehr erschwinglich war und 2. mehrere gute Bewertungen hatte. Aus den Bildern und der Beschreibung ging hervor, dass das Zimmer recht hell ist - dem stimme ich zu. Viele Zimmer in Korea, besonders Goshiwons, dies sind winzige Zimmer mit nur allem nötigen drin, haben keine Fenster, also auch kein Tageslicht. Doch ich brauche unbedingt Tageslicht. Steht man vor der Eingangstür des Hauses, so ist mein Fenster direkt auf der rechten Seite im ersten Stock (man kann es jedoch mehr als ein Erdgeschoss interpretieren) und geht zur Straße hinaus.
Dennoch war das Zimmer auf den ersten Blick erstaunlich klein und eng. Nach drei Tagen Eingewöhnung kann ich aber sagen, dass es völlig in Ordnung ist und ich mich hier sehr wohl fühle. Ausgestattet ist es mit einem Bett, Kleiderschrank, Mikrowelle, Schreibtisch und einigen Schubladen, Regalen sowie einem eigenen Badezimmer, das leider ein Minikühlschrank halb blockiert. Es ist eben ein kleines Zimmer. Das Bad besteht gerade so aus einer Toilette und Waschbecken, über das der Duschkopf hängt. Ja, ihr habt richtig gelesen: der Duschkopf hängt über dem Waschbecken. In den älteren Gebäuden von Korea duscht man nämlich mitten im Bad. Daher ist das gesamte Badezimmer sowohl auf dem Boden als auch an den Wänden in Fließen gehüllt, um das Wasser abzuwehren. Dennoch schützt es leider nicht davor, dass die Toilette und so gut wie alles andere in diesem Bad nass wird. Und doch ist es eine super spannende Erfahrung! Ich hatte es mir ehrlichgesagt schlimmer vorgestellt, doch jetzt, da ich es ausprobiert habe, kann ich sagen, dass es echt gut funktioniert. Man muss sich nur daran gewöhnen, dauernd den Duschkopf in einer Hand zu halten und mit der anderen zu waschen. Schlappen im Bad zu tragen, damit man nicht ausrutscht, ist ein Muss. Allgemein wird im ganzen Haus nur Schlappen getragen. Koreaner bauen, ähnlich wie in Japan, ihre Eingänge extra wie eine Art "Einbuchtung", damit man die Schuhe dort lassen kann, um den Rest dann mit Schlappen oder barfuß zu laufen. Hierzu wurden mir sogar Schlappen vom Host gestellt.
Eine weitere Besonderheit in meinem alten Viertel, und das ist schon wirklich eine Herausforderung und große Umgewöhnung, ist, dass kein Toilettenpapier in die Toilette geschmissen werden darf, da sonst die Rohre verstopfen. Also muss alles in einen kleinen Mülleimer geschmissen werden. Wer jahrelang ohne nachzudenken alles direkt in die Toilette schmeißt, hat hier große Mühe sich daran zu erinnern, alles in Mülleimern wegzuschmeißen. So ist es mir auch schon des Öfteren passiert, dass ich instinktiv das Papier in die Toilette geschmissen habe. Doch nicht in jedem Viertel wird es so gehandhabt. Doch zu meinem Erstaunen wird dies sogar auch in einigen Gebäuden in der Innenstadt gemacht. Sogar im Starbucks stehen nebendran riesige Mülleimer, bei denen man leider auch das ein oder andere eklige sieht. Das Kopfkino überlasse ich dabei jedem selbst.
Zurück zum Haus: es hat insgesamt drei oder vier Stockwerke, in denen jeweils auf der rechten Seite immer ein langer Gang mit mehreren kleinen Zimmern oder Wohnungen ist. Ich wohne in der Nummer 206 zusammen mit fünf weiteren Zimmern auf meiner Etage. Verlässt man die Etage, dann findet man im Treppenhaus eine weitere Mikrowelle sowie ein Wasserspender. Aufgrund des hohen Chlorgehalts im Wasser - es stinkt wirklich wie im Freibad - sollte man nicht aus der Leitung trinken. Dieser Wasserspender ist also super praktisch zum Getränke auffüllen und man kann daraus sogar sofort heißes Wasser für Instant Nudeln oder Tees bekommen.
Geht man die Treppe runter in das Untergeschoss, dann findet man Waschmaschine sowie Trockner, weitere Zimmer und eine Gemeinschaftsküche. Ehrlich: zu der kann ich nicht mehr sagen, als dass ich mich wirklich frage, ob ich die Einzige bin, die diese Küche nutzt und sie darum so selten geputzt wird, oder die Koreaner einfach sehr unhygienisch und unsauber sind. Ich traue mich nicht einmal zu beschreiben, was für ein Zustand dort unten herrscht. Doch für ein bis zweimal täglich Kochen wird es schon reichen. Dann muss eben die innere Putzfrau in mir rauskommen und für Ordnung sorgen, das kenne ich aus meiner alten WG in Heidelberg ja nicht anders. Und trotzdem lässt es sich hier gut kochen und leben - ich kann mich also nicht beklagen.
Nur einige Dinge hätte ich anders erwartet, doch von vielen habe ich schon gehört, dass Service tatsächlich nicht so ein Ding in Korea ist. Da sind wir Deutschen schon wesentlich Besseres gewöhnt. In meinem Zimmer gab es weder ein Kopfkissen, noch funktionierte der Kühlschrank, noch hatte ich genug Toilettenpapier. Es gibt in meinem Zimmer zwar eine Tasse, eine Schüssel und einen Teller, aber kein Besteck oder Stäbchen. Und als ich an meinem ersten Tag meinen host um Hilfe bat, weil ich nicht wusste, wie ich am besten zum Airbnb komme, bekam ich keine Hilfe. Ich glaube, sie verstand nicht ganz, was mein Problem war und verließ dann einfach das Airbnb ohne meine Ankunft abzuwarten. Wie alles also genau funktionierte, erfuhr ich erst am Tag darauf. Immerhin funktioniert jetzt der Kühlschrank, den ganzen Rest musste ich mir jedoch erst eigenständig besorgen.
Müsste ich das Airbnb trotzdem jetzt schon bewerten, würde ich es mit 7 von 10 Punkten bewerten. Es hat einfach alles, was man braucht und die meiste Zeit werde ich sowieso draußen verbringen. Solange die Klimaanlage funktioniert, und diese braucht man definitiv, weil es sonst sehr stickig wird, ist alles in Ordnung. Interessant wird es dann im Winter, weil ich bisher keine Heizung entdeckt habe. Eventuell muss ich mir dann eine weitere Decke besorgen. Doch bis dahin genieße ich erstmal das, was ich habe und hier kann und sollte ich mich echt nicht beklagen.
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