Daegu - Der naturliebende Osten
Meine Südkorea Reise schloss ich mit einem letzten Trip in den Osten Koreas in die Stadt Daegu ab. Einige Koreaner fragten mich verwundert: "Warum Daegu? Dort gibt es nichts." Nun nicht ganz. Aber ja, verglichen mit Seoul gibt es in dem kleineren Städtchen weniger Sightseeing Programm und wesentlich mehr Natur und Stille als in Seoul. Dennoch zählt Daegu zu einer der Groß-Städten Koreas, in denen ICEs, in Korea besser bekannt als "KTXs", durchfahren und viele internationale Studenten, vor allem auch deutsche Studenten, studieren, obwohl hier um einiges weniger los ist. Schaut man auf die Landkarte, findet man Daegu dort dennoch groß angezeigt, also muss es ja genug Gründe geben, hierher zu kommen. Mein Hauptgrund war, dass in dieser Stadt mein Liebling aus BTS aufgewachsen ist: "SUGA" aka Min Yoongi. Unbedingt wollte ich sehen, wie es wohl gewesen sein muss, hier zu leben, da er auch in vielen Liedern über seine Heimat berichtete. Seit er Daegu verließ, ist nun schon über 12 Jahre her und die Stadt hat sich um einiges verändert, aber vieles ist auch noch gleichgeblieben. Ich freue mich, über meinen letzten 4-tägigen Trip (16.11.22 - 20.11.22) zu erzählen, bevor es wieder am 21. November nach Hause nach Deutschland ging.
Palgongsan - In den Bergen Daegus
Meinen ersten Tag in Daegu ließ ich langsam angehen. Ursprünglich sollte meine Freundin Celine mitkommen, doch aus persönlichen Gründen, kam sie erst die letzten zwei Tage dazu. Ohne Druck machte ich also erstmal das, was ich sonst in Seoul auch immer gemacht hatte: Brunchen gehen in einem süßen Cafe in der Nähe von Daegu Downtown. Da meine Woche mit Packen extremst stressig gewesen war, suchte ich dringend nach Entspannung und wollte unbedingt wieder an meinem Blog weiterschreiben. Dazu fehlte nämlich ein bisschen die Zeit. Komme ich nämlich aus Daegu zurück, ginge es auch schon direkt weiter nach Incheon, zum Flughafen außerhalb von der Stadtmitte Seouls, denn am 21. November war bereits der Abflug angesetzt.
Doch fürs erste wollte ich den vergangenen und noch bevorstehenden Stress vergessen und ließ die schönen Sonnenstrahlen auf mich einwirken. Der Herbst war mit seinen warmen Temperaturen noch im Gange, allerdings langsam am ausklingen. Die Bäume wurden immer dünner, die Temperaturen immer niedriger. Doch selbst Mitte November erreichte Korea noch Höchsttemperaturen von 16 Grad mit einer leichten Brise Wind. Die Sonnenstrahlen wollte ich dazu nutzen, um mit dem Bus rauf auf den Berg Palgongsan zu fahren, um dort mit einer Seilbahn ganz nach oben auf die Spitze zu fahren. Kleiner Koreanisch-Exkurs: Das Koreanische Wort "san" (산) bedeutet übersetzt "Berg". Leider war ich für das Bewundern des Herbstes etwas zu spät, denn die langen und steilen Alleen, umgeben von in einer Reihe aufgestellten Bäume, die der Bus im Slalom hinauffuhr, waren splitterfasernackt. Hier hatte der Herbst bereits 1-2 Wochen vorher alles hinter sich gelassen. Schön war der Weg trotzdem, denn man fuhr vorbei an vielen Hanok Villages, Feldern und Alleen. Erstaunlich, wenn man bedenkt, dass viele Berge Seouls mitten in der Stadt liegen und man niemals die Stadt verlässt, um dorthin zu gelangen. In Daegu hingegen musste man die Stadt verlassen und ein ganzes Stückchen außerhalb langfahren, um zu dem Berg zu gelangen. Doch so erstrahlte sich auch die wahre Schönheit Daegus: unendlich viel Natur, Felder und Berge, wenig Hochhäuser und kaum vollbebaute Wohnsiedlungen.
Oben auf dem Palgongsan nach etwa 1.5h angekommen, lief ich noch ein kleines Stückchen weiter hoch zur Seilbahn. Diese kostete mich 12.000 KRW ~ 8€ und ich fuhr sogar ganz alleine nach oben. Dies war jedoch schwerer als gedacht, denn meine Höhenangst kennt der ein oder andere vielleicht schon aus einem früheren Blogbeitrag über den Lotte World Tower: Lotte World Tower in Seoul
Zwischen den Bäumen entlang war die Höhenangst auszuhalten, doch besonders das letzte Stückchen ging extremst steil den Berg hinauf und ich musste mich mit schwitzigen Händen an die Stange klammernd echt beherrschen. Doch die Aussicht lohnte sich auf jeden Fall! Trotz, dass die Bäume leider bereits kahl waren und ich im Prinzip durch einen nackten Wald fuhr, sowohl mit der Seilbahn als auch mit dem Bus, von oben strahlte der blaue Himmel und einige Nadelbäume zeigten sich weiterhin saftig grün und der ein oder andere orange-braune Baum war auch noch zu sehen.
Verschiedene Aussichtsplattformen umgaben das kleine Häuschen der Seilbahn, in dem auch ein Restaurant war. Drumherum konnte man also ganz verschiedene Aussichten genießen, umgeben von vielen gravierten Schlössern, errichtete Fotospots und Wunschsteinen, an denen man Geld kleben und für die Erfüllung seiner Wünsche beten konnte. Begleitet wurde man von vielen alten Statuen - die Koreaner lieben Tradition - und einem sogenannten "Love Path", bei dem man ein Stückchen in den Wald laufen konnte und die Geländer mit voller Liebesbekundungen beschmückt waren. Die Wege führten zu verschiedenen kleineren Plattformen, u.a. auch zu Parkbänken mitten im Wald bis hin zu großen Pavillons, in denen man sich ausruhen konnte. Abgerundet wurde das Erlebnis immer wieder von schönen Aussichten auf die umliegenden Berge und Bäume. Wer Lust hat, kann hier wandern was das Zeug hält.
Berühmte Straßen Daegus
Ich spreche hier im besonderen von zwei berühmten Straßen in Daegu: die Kim Gwang-seok Straße und die Straße, die dem Sänger "V" von BTS gewidmet ist.
Angefangen bei Kim Gwang-Seok. Dieser war ein bekannter Folk-Rock Sänger aus Daegu in den 80/90er Jahren, der für seine Musik, Lebensgeschichte sowie inspirierenden Worte bekannt war und groß gefeiert wurde. So sagte er einmal in einem Interview: "The more civilization develops, the more people get hurt. That wound must be cared for and embraced by someone. I hope my song will be an emergency exit for those who are trying to find hope in a difficult life." Im Alter von 31 Jahren erhängte sich Kim Gwang-Seok und nun findet man in einer einzig langen Straße in der Nähe des Bangcheon Marktes ihm ein ganzes Denkmal gewidmet. Eine ganze Straße voller bemalter Wände, Statuen und Zitate. Besonders an ihm waren seine klein gehaltenen Auftritte für ein kleines Publikum, die er gegenüber Massenauftritten bevorzugte. So findet man auch hinter der bemalten Wand an einer Stelle symbolisch eine kleinere Bühne aufgebaut, auf der im Herbst oft Gesangswettbewerbe zu seinen Ehren veranstaltet werden. Wer also gemütliche Spaziergänge mit Stil mag, sollte die Straße entlang laufen. Wer Glück hat, sieht sogar manchmal, wie hier Szenen für Fernsehsendungen gefilmt werden. So lief eine ganze Kameracrew, Schauspieler und der Direktor an mir vorbei, um eine Szene zu filmen. Allerdings habe ich niemanden erkannt.
Weiter geht es mit der Straße, die BTS "V" gewidmet wurde. Zwei der BTS Member kommen ursprünglich aus Daegu, bevor es sie durch ihre Musikkarriere nach Seoul verschlagen hat. Die beiden nennen sich "V" aka Kim Taehyung und "SUGA" aka Min Yoongi. Leider wurde dem lieben Yoongi keine bemalte Straße gewidmet, dafür besitzen seine Eltern ein traditionelles Blutwurst- und Innereien-Restaurant in Daegu. Denn Daegu ist tatsächlich sehr bekannt für tierische Innereien, zu denen es mich jedoch nicht gezogen hat. Stattdessen besuchte ich lieber die Straße vor Taehyungs alter Schule, die Jeil High School, die ihm zur Ehren ebenfalls eine ganze Wand mit "Taehyung, ich liebe dich" in verschiedenen Sprachen gewidmet hat. Neben Bildern von Taehyung, seinen Alben und Zitaten findet man hier auch ganz viele Ajumas (ältere Damen), die an der Wand entlang ihr Gemüse oder Obst verkaufen oder dir mitten durchs Bild laufen und somit den schönen Fotospot leider etwas ruinieren. Doch Daegus Äpfel, die man u.a. dort kaufen konnte, sollen wohl sehr gut schmecken!
"Riesen" Spaß auf dem Dach - Sparkland!
Richtig gelesen: als ich das erste Mal entlang Daegu Downtown lief, abends an den Wochenenden an Hongdae in Seoul erinnernd, bemerkte ich das große Riesenrad mitten auf dem Dach einer großen Mall. Seitdem wusste ich, dass ich dort unbedingt hinmöchte. Später stellte sich heraus, dass es sich hierbei um den bunten mini Freizeitpark "Sparkland" handelte, der auf dem Obergeschoss (7-8 Stock) eines Einkaufszentrums gebaut wurde. In den Stockweren 5-7 erwarteten einen Spielehallen, eine riesige Rollschuhbahn, ein Kletterpark mit Kletterwand und Photobooths zum Festhalten des Spaßes in Bildern. Korea weiß definitiv, wie man Spaß hat! Oben angekommen kann man sich an Automaten entweder ein Tagesticket oder ein 3er Ticket holen, mit dem man sich drei Fahrgeschäfte aussuchen darf. Dieses Ticket holten Celine und ich und dann konnte der Spaß schon losgehen - mehr oder weniger. Ich mit meiner Höhenangst leide schon ohnehin unter der Höhe der Achterbahnen, doch noch auf dem Dach einer riesigen Mall mit dem Riesenrad zu fahren, war die schlimmste Erfahrung seit langem. Der Grund hauptsächlich war die extremst langsame Geschwindigkeit des Riesenrads, wodurch einem die Fahrt so ewig vorkam und man einfach viel zu viel Zeit zum Nachdenken hatte. Doch für die Bilder sah das Riesenrad und die anbrechende Nacht einfach wunderschön aus. Daegu von oben ist jedoch noch lange nicht so spektakulär wie Seoul, denn es gab weniger Lichter und Verkehr. Beliebt in diesem kleinen Park sind auch die Hollywoodschaukel, die über das Geländer drüber schwingt, und der mini Freefall Tower, der sich dreht und man manchmal über das Geländer drüber schauen konnte - während man runterfällt. Absolut nichts für schwache Nerven! Es gab noch viel mehr sich drehende Fahrgeschäfte, die ich allein wegen meines empfindlichen Magens nicht fahren konnte. Wer stabil ist, sollte sich dies jedoch nicht entgehen lassen!
Wer nach Sparkland noch nicht genug hat, sollte unbedingt an einem Wochenende in Daegu Downtown rumlaufen. Dieses kleine Viertel erinnert einen an Hongdae in Seoul. Wer darüber noch nichts gelesen hat, kann dies hier nachholen: Seouls Nachtleben - Hongdae & Itaewon Das sonst ruhige Daegu, bietet einem Downtown Spielehallen, bekannte Shoppingläden, (Fast Food) Restaurants und Live-Auftritte. Neben dem ganzen Spaß fand man zu den Zeiten, an denen ich dort war, auch Menschen mit Plakaten zu Gedenken an die Massenpanik in jener Halloween Nacht in Itaewon, während direkt daneben einige Menschen einen Straßenkünstler feierten, der eine Tanzeinlage performte und einigen Mädels ärgernd hinterherjagte. Man wusste also gar nicht, wo man zuschauen sollte, ob man trauern oder lachen sollte. Wie zweigeteilt die Welt manchmal sein kann.
Herbstliche Spaziergänge im Duryu Park
Mit Abstand einer der schönsten Spots in Daegu ist der Duryu Park. Daegu hat so einige Parks zu bieten, doch in Anbetracht dessen, dass der Herbst langsam auf Wiedersehen sagte, besuchten wir nur einen der vielen Parks. Und zwar einer der beliebtesten, da sich direkt nebendran ein großer Themen-Freizeitpark namens E-world befindet und direkt obendrüber bzw. nebenan der 83-Tower. Schon wieder ein üblicher Aussichtsturm wie er eigentlich in jeder Großstadt vorzufinden ist.
Der Duryu Park ist riesengroß und im Gegensatz zu anderen Parks nicht nur mit Wegen ausgestattet, sondern auch mit vielen freien Waldflächen, durch die man einfach frei hindurch laufen kann wie man möchte. Im Frühling blühen hier in der Nähe des Sees inmitten des Parks die Kirchblüten. Doch im November erstrahlten noch die letzten Überreste des Herbstes, mehr als auf dem Palgongsan. Hier waren noch einige Farben von knallrot zu gelb und grün zu bewundern, entlang einer langen Allee konnte man noch einige schöne Bilder einfangen, bevor die letzten Blätter die bereits dünnen Bäume verlassen. Eine Brise Wind und es regnete Blätter. Ein Spaziergang hierdurch ist definitiv zu empfehlen, genauso wie eine kleine Pause auf einer Parkbank, um die Natur zu belauschen - oder die Musik von E-world, die erstaunlich laut war.
Nach dem schönen Spaziergang ging es leider nicht zu E-world, denn dafür fehlte etwas das Geld. Freizeitparks sind in Korea nämlich genauso teuer wie in Deutschland. Stattdessen ging es hoch auf den Berg, vorbei an E-world, zum 83-Tower. Dieses Mal ging es nicht hoch nach oben, denn nach dem ungefähr vierten Tower, den ich in Korea gesehen habe, reichte es dann auch mal. Denn die Städte Koreas sehen von oben nicht wirklich unterschiedlich aus. Die Aussicht über E-world und die Seilbahn, die leider zum Freizeitpark dazugehörte und darum ohne Eintritt in den Park nicht gefahren werden durfte, war wunderschön. Umso schöner hätte es bestimmt gewesen sein müssen, in der Seilbahn umgeben von Sonne und blauem Himmel über E-world mit Ausblick auf Daegus Stadt zu fahren. Doch so musste der alleinige Ausblick von der Plattform vor dem 83-Tower ausreichen. Wer Lust auf einen richtigen Freefall Tower hat, kann einen vor dem Seilbahnhäuschen fahren - Man merkt, dass die Koreaner Freizeitparks und Fahrgeschäfte sehr lieben. Besonders in Daegu war dies ein Highlight.
Fazit - Lohnt sich ein Besuch in Daegu?
Definitiv! Daegu hat mir mit am besten in Korea gefallen. Und zwar so sehr, so dass ich zu den richtigen Zeiten (Frühling, Anfang Herbst) wieder herkommen möchte, um die vielen Parks zu fotografieren und noch mehr Natur zu erkunden. Für ruhige Naturliebhaber und Wanderer ist Daegu genau der richtige Ort. Hier gibt es auch noch so viel mehr zu sehen, als ich in diesem Beitrag gezeigt und selbst gesehen habe, weswegen ich zurück nach Daegu kommen werde. Um Daegu herum gibt es nämlich auch noch einige sehenswerte Orte, z.B. den Spacewalk in Pohang oder die traditionelle Stadt Gyeongju. Ein Tagestrip von Daegu nach Ulsan steht auch noch auf meiner Liste. Viel zu erkunden wie in Seoul gibt es in Daegu vermutlich nicht (bezogen auf Cafes oder Restaurants), dafür wird man dem vielen Stress, Verkehr und vollen U-bahnen nicht so sehr ausgesetzt wie in Seoul. Overall hat mir der Vibe in Daegu sehr gut gefallen.
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