Lotte World Tower in Seoul
Der Lotte World Tower ist mit seinen 555m der größte Tower in Südkorea und der sechst größte auf der ganzen Welt. Mit 123 Stockwerken ragt das Gebäude hoch in die Luft und ermöglicht einem, wunderschöne Ausblicke über ganz Seoul zu genießen. Wie war es, die Welt mal von ganz oben zu sehen?
Es ist schon einige Wochen her, seit ich dem Lotte World Tower einen Besuch abgestattet habe. Um genau zu sein war an dem Wochenende volles Programm aufgrund von Chuseok, eines der wichtigsten Feiertage in Südkorea. Doch da ich eine Freundin aus Deutschland traf, die nur insgesamt eine Woche in Seoul blieb, wollte ich sie an diesem Wochenende begleiten, bevor sie wieder abreist. An dem Feiertagsansturm kommt man dann nicht drumherum, trotzdem möchte ich diese coole und trotzdem leicht beängstigende Erfahrung mit euch teilen!
Um auf den Lotte World Tower zu kommen, muss man zunächst durch eine Einkaufsmall laufen. Dort begegnete uns bereits eine sehr lange Schlange, der wir etwa 30 Min bis um eine Ecke folgen mussten, um ein Ticket zu kaufen. Eine Sache, die ich an Korea schade finde ist, dass das Land es für Ausländer nahezu unmöglich macht, die Vorteile in diesem Land zu genießen. Und ich spreche hier von simplen Dingen wie Tickets online reservieren. Dies konnten wir nämlich im Voraus nicht tun, da man in Südkorea für so gut wie alles eine koreanische Kreditkarte oder eine koreanische Handynummer braucht. Dies bekommt man allerdings nur, wenn man eine alien registration card besitzt, also in Korea ansässig und registriert ist oder Bürger Südkoreas ist. So warteten wir etwas in der Schlange, die sogar schneller als gedacht ging. Nun standen wir vor dem Ticketverkauf und dachten uns "das wars? Das war ja einfach", denn es wirkte so, dass man, nachdem man das Ticket kaufte, direkt auf den Turm raufkönne - leider war dem nicht so.
Inzwischen war es fast 18 Uhr und damit unser Plan, den Sonnenuntergang zu sehen, aufging, mussten wir uns einen Fast Pass kaufen. Mit gebrochenem Englisch versuchte mir der Mann am Ticketautomat zu erklären, dass die Wartezeit mit dem Ticketkauf nicht beendet sei. Leicht irritiert schauten meine Freundin und ich uns an, denn die Schlange für das Anstehen zum Tower (für den Ticketkauf gab es eine separate Schlange) schien erstaunlich kurz und endete vor einem Aufzug, der, wir wir anfangs dachten, uns ganz nach oben führen würde. Jedoch erzählte uns der Mann, dass die eigentliche Wartezeit ab jetzt 1.5h beträgt. "Is that ok?", fragte er uns. In Anbetracht unseres Plans eigentlich nicht. Dies kostete uns dann ganze 100.000 KRW zu zweit, um sofort, ohne jegliches Warten nach oben transportiert zu werden. Der normale Ticketpreis beträgt eigentlich 25.000 KRW pro Person, für Mastercardzahler gibt es sogar noch 20% Rabatt obendrauf. Doch in diesem Moment schien dies die beste Möglichkeit und der einzige Ausweg zu sein, also bezahlten wir das Geld für einen Fast Pass.
Eine Frau führte uns zusammen mit zehn weiteren Menschen zu einem separaten Aufzug, der uns einen Stockwerk höher brachte und dort die eigentliche Schlange erst begann. Wir liefen einen separaten Gang vorbei an all den anderen, die wahrscheinlich seit Ewigkeiten in der Schlange anstanden, um endlich nach oben gehen zu können. Innerhalb von 5 min standen wir vor dem richtigen Aufzug und wurden dann auch zuerst vor den anderen hineingelassen. Bevor es nach oben ging, kam noch eine Warnung, dass aufgrund des Druckunterschieds einige in Ohnmacht fallen könnten. Langsam pochte mein Herz, denn ich mit meiner Höhenangst wagte mich in ein großes Abenteuer, dem ich mich normalerweise sonst entzogen hätte. Bevor irgendjemand fragt: der Aufzug war Gott sei Dank nicht aus Glas, sondern zeigte, während wir nach oben stiegen, eine Lichtershow und mehrere Bilder des Towers zusammen mit der Geschichte und einigen Hintergrundinformationen.
Und ab ging es zunächst in den 119. Stock innerhalb von nicht mal zwei Minuten.
Seoul von ganz oben
Da waren wir endlich im 119. Stock. Adrenalin füllte meinen Körper und meine erste Reaktion war Panik. Dort oben spürt man deutlich die Bewegungen des Turms verursacht durch den Wind und man hat wirklich das Gefühl, dieses schwere Gebäude könnte tatsächlich jeden Moment zur Seite kippen. Natürlich ist dies nicht der Fall gewesen, aber meine Beine wollten nicht weiterlaufen und fühlten sich wie Wackelpudding an. Mein Herz pochte wie wild und ich brauchte mehrere Anläufe, bis ich mich einigermaßen "entspannt" durch den Tower bewegen konnte. Doch für diese wunderschöne Aussicht lohnte sich jegliches Geld und jeglicher Mut. Für eine Sekunde vergaß ich den Trubel, die vollen Menschenmassen um mich herum und die Höhe, als ich den Sonnenuntergang bestaunte. Wir waren gerade rechtzeitig angekommen und sahen Seoul noch bei Sonnenuntergang, bevor es langsam in die Nacht überging.
Menschen tummelten sich um einen Glasboden herum - ja, ein Glasboden bei dem man die ganzen 119 Stockwerke nach unten schauen und die winzigen, vorbeifahrenden Autos bestaunen kann. Alles wirkte so surreal, das Glas zu betreten wie als würde man hinfallen; so ähnlich wie die Träume in denen man fällt. Meine Freundin Anna traute sich sofort darauf, keine Spur von jeglicher Angst oder Hemmungen. Und dann kam ich: ich brauchte wieder mehrere Anläufe, um überhaupt auf das Glas zu treten und war unfassbar stolz, als ich es dann endlich schaffte. Selbst wenn Anna mich mehrmals erinnern musste, zu atmen. Immerhin war ich eine Attraktion für den männlichen Koreaner neben mir. Er fand die Situation so zum Lachen, so dass er mich die ganze Zeit auf den Arm nahm und nach unten zeigte nach dem Motto "schau mal nach unten". Meine ängstliche Reaktion, die mich dazu brachte, das Glas wieder zu verlassen, brachte ihn noch mehr zum Lachen. Witzbold. Nach langer Überwindung, betrat ich nochmal das Glas, doch ich traute mich einfach nicht, runterzuschauen. Würdet ihr euch das trauen? Stattdessen erhaschte ich einmal für eine Millisekunde einen Blick nach unten, doch dann wurde die Angst zu groß. Das Foto auf dem Glas mit dem Blick nach unten hat dementsprechend Anna gemacht, denn ich konnte mich dazu keineswegs überwinden.
Von da an verbrachten wir ungefähr 3h auf dem Tower. Zugegebenermaßen die drei spannendsten, aber auch nervenaufreibendsten Stunden seit langem. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie fertig ich danach war schon allein aufgrund des ganzen Stresses wegen der Höhenangst und das sich ständig bewegende Gebäude. Der Tower ist rund aufgebaut und so kann man einmal rundherum laufen und von jedem Winkel einen anderen Ausblick genießen. Die Sonne auf der einen Seite, der Mond und die anbrechende Nacht auf der anderen. In der Mitte befanden sich Rolltreppen, die einen bis hoch in den 123. Stock brachten. Auf einer Etage befand sich ein Cafe zusammen mit Sitzplätzen, auf einer anderen ein Souvenirshop, wieder auf einer anderen eine kleine Art Gallery, die Kunst von koreanischen Kindern ausstellte. Einige Etagen hatten zusätzlich mehrere roof tops, die einem ermöglichten, raus an die frische Luft zu gehen und von dort nochmal einen anderen Blick zu genießen. Wer ganz mutig sein möchte, hat sogar die Möglichkeit, draußen, also ganz ganz draußen, entlang einer Treppe zwischen der einen Hälfte des Towers und der anderen (der Tower spaltet sich in der Mitte) mit Sicherungen entlang zu laufen und die Aufregung ganz groß zu spüren. Doch das war nichts für uns, denn die Besichtigung des Towers allein bedeutete schon genug Aufregung. Anna und ich machten zusammen auf dem Glas noch ein Erinnerungsfoto, das man auf einen der anderen Etagen für 10.000 KRW ausdrucken lassen konnte. Da ich nach meiner Rückreise aus Südkorea ein Scrapbook über Korea gestalten möchte, nehme ich jedes Bild an mich, das ich kriegen kann.
Zu guter Letzt: unser Fast Pass verhinderte jedoch nicht das Warten, um nach unten zu kommen. Allein um den Tower wieder zu verlassen, warteten wir eine Stunde. Gegen halb 10 waren wir dann endlich wieder unten und hatten wieder festen Boden unter den Füßen - zum Glück, denn mir wurde zwischenzeitlich kurz übel. Den Abend ließen wir dann mit einen der besten Burger und Sandwiches, die wir je hatten, ausklingen. Wir wollten unbedingt Burger essen und da Anna Vegetarierin ist, suchten wir spezifisch Burgerrestaurants mit vegetarischen Optionen. Manchmal findet man die besten Orte, wenn man nicht wirklich danach sucht. So fanden wir etwa 30 Min vom Tower entfernt ein Burger Restaurant namens Burger B (버거비 구의점 광진구). Wir dachten, dort gäbe es vegetarische Burger, da es auf der Karte danach ausschaute, doch dies war leider nicht so. Total ausgehungert und müde saßen wir in diesem kleinen Restaurant, das nur von einem Mann allein geführt wurde. Das Schöne war, dass der Mann so zuvorkommend war und uns nicht gehen lassen wollte und uns so zum ersten Mal einen Service bot, den man nicht immer überall so in Korea erlebt. Der Mann bot an, mit dem Essen zu improvisieren und brachte uns nach etwa 30 Min warten unser Essen - Anna ein selbstgemachtes, vegetarisches Sandwich mit Avocado, Salat und selbstgemachter Soße und mir einen Barbecue Burger mit den besten Pommes, die ich je gegessen habe. Vielleicht schmeckte das Essen noch besser, nachdem wir uns dem Tower gestellt hatten, doch in Wahrheit war der Besitzer, der kleine und unspektakuläre Laden und das Essen eine angenehme Überraschung, die wir nicht erwartet hatten und die uns letztendlich so viel Freude bescherte, so dass wir den Abend richtig genießen konnten.
Um den Beitrag abzuschließen, kann ich euch sagen, dass der Besuch des Lotte World Towers eine coole Erfahrung war und sich die Blicke auf jeden Fall lohnen! Wer während des Sonnenuntergangs raufgeht und bleibt, sieht Seoul einmal tagsüber und dann bei Nacht - zwei unterschiedliche Eindrücke, die auf ihre eigene Art und Weise wunderschön sind und unbedingt sehenswert sind! Selbst mit Höhenangst empfehle ich jedem raufzugehen, denn so etwas erlebt man nicht alle Tage. Ob ich es nochmal mache, weiß ich noch nicht, aber wenn, dann definitiv nicht nochmal an einem Feiertag. Als meine Freundin Celine an einem Wochentag raufging, berichtete sie mir, dass sie insgesamt nur 15 Min in der Schlange wartete für einen Preis von 20.000 KRW und oben sich mit keiner Menschenmasse rumschlagen musste.
Seoul von oben ist wirklich schön. Trotz des ganzen Stresses, bin ich froh, dass ich dieses Abenteuer auf mich nahm und am Ende des Tages doch irgendwie die Aussichten genießen konnte. Um den Beitrag abzuschließen, dürfen natürlich die Seoul Nachtbilder nicht fehlen. Enjoy!
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